In der Karwoche traf sich die Themensäulenrunde I zum zweiten Mal in Stuttgart. Unter dem Vorsitz von Ministerin Nicole Razavi MdL und Herrn Tim von Winning – Baubürgermeister von Ulm – kamen Experten zusammen, um die bisherigen Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen vorzustellen und neue Themen zu besprechen.

Die Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen muss im Blick bleiben

Die Themensäule I setzt sich mit Zielkonflikten zur Aufgabe „Bezahlbares Wohnen, Quartier, Fläche, Planung“ auseinander. „Der Bedarf an bezahlbarem, bedarfsgerechtem und nachhaltigem Wohnraum ist enorm. Bauen und Sanieren muss bezahlbar bleiben. Deshalb ist es wichtig, auch die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen in allen Arbeitsgruppen des Strategiedialogs im Blick zu behalten.“, so Bauministerin Nicole Razavi.

Unterarbeitsgruppen in Themensäule I

Bisher gibt es in der Themensäule I eine Arbeitsgruppe, die sich mit kommunalen Werkzeugen für bezahlbares Wohnen beschäftigt. Geprüft werden bestehende Werkzeuge auf ihrer Effektivität und die Bedarfe an Änderungen und Neuerungen in den bestehenden Vorgaben und Maßnahmen.

Aus dieser Arbeitsgruppe haben sich drei Unterarbeitsgruppen gebildet, die sich mit den folgenden Aufgaben beschäftigen:

  • „Was benötigt der Markt kurzfristig?“
  • „Welche Förderwerkzeuge braucht es, um den Bestand zu aktivieren?“
  • „Erleichterungen und Beschleunigungen beim Bauen.“

Herr Cord Soelhke, Baubürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, stellte die Arbeitsergebnisse der bisherigen Arbeit- und Unterarbeitsgruppen vor.

Im Anschluss wurden neue Themen der Runde vorgestellt, aus denen die Themensäulenrunde I neue agile Arbeitsgruppen ableitete.

Nachhaltig besser Bauen

Eine Key-Note hielt Professor Stefan Leupertz, Vorsitzender des Deutschen Baugerichtstags e. V.

In der Ausgangssituation wurden aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Überregulierung, schwankende Kostenentwicklungen und Preisstrukturen vorgestellt.

Dem gegenüber stehen zunehmende Anforderungen an Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Barrierefreiheit. Projekte sollen möglichst wenig kosten, in kurzer Zeit realisiert werden und dabei nichts an der geforderten Qualität einbüßen. Dieser Wunsch lässt sich kaum mit der reellen Ausgangssituation vereinbaren.

Es gibt allerdings verschiedene Lösungsansätze, die Professor Leupertz in der Key-Note ansprach. So sollte es entlang der Wertschöpfungskette eine große Transparenz geben. Der innovative Wissenstransfer muss über alle Gewerke hinweg gelebt werden. Das gemeinsame Ziel sollte sein, nur das Beste für das eigentliche Projekt zu machen und widersprüchliche Anforderungen beizulegen.

Herr Professor Leupertz schlug in seinem Vortrag als Impuls vor, nicht länger das Recht dazu einzusetzen, Nichtlösungen zu definieren und zu sanktionieren, sondern dazu, einen geeigneten Rahmen für Innovation und ein Anreizsystem für effiziente Lösungen zu schaffen.

Was die tatsächliche Überregulierung des Bauens angeht, so empfahl er vor, den Weg für Experimentierklauseln zu schaffen. Denn erst der praktische Versuch macht klug. Es gehe darum, Innovation zuzulassen und den jeweiligen Projektpartnern genehmigungsrechtlich entsprechende Spielräume zuzugestehen. Deshalb sollte erwogen werden, das öffentliche Baurecht dahin zu überarbeiten, nur noch notwendige Sicherheits- und Schutzstandards zwingend einzufordern. Auf diese Weise könnte es auch gelingen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und transparenter zu gestalten.

Bezahlbarem Wohnen durch Angebotserweiterung

Prof. Dr.-Ing. Hans Christian Jünger hielt den zweiten Impuls-Vortrag.

Von den Konsumausgaben privater Haushalte in Baden-Württemberg nahmen die Ausgaben für Wohnen (inkl. Nebenkosten) durchschnittlich 36 % gemäß Statistischem Landesamt mit steigender Tendenz ein.

Eine Möglichkeit wäre es, Wohnraum an Stadtrandgebieten und im Umland der größeren Städte bspw. durch den öffentlichen Verkehr mittels Verlängerung bestehender S- und U-Bahnlinien und Radschnellwege zu erschließen. Das führt zu einer Erweiterung des Angebotes an attraktivem, bezahlbarem Wohnraum. Dem gegenüber steht Wohnraum in der Stadt mit hohen Wohnkosten und geringen Mobilitätskosten. Hier lässt sich durch Umwandlung von ungenutztem Raum, häufig ehemaligen Gewerbeflächen, ebenfalls das Angebot an attraktivem Wohnraum erweitern. Dadurch entsteht eine Angebotserweiterung, die zu geringeren Wohnkosten aufgrund höheren Angebotes an attraktivem Wohnraum führt. In einer Arbeitsgruppe wollen die Teilnehmer:innen in Zukunft diese Bauaufgaben zur Angebotserweiterung unter ökonomischen Aspekten betrachten.

Im Anschluss an beide Key-Notes standen Prof. Leupertz und Prof. Jünger den Teilnehmer:innen für eine Diskussionsrunde zur Verfügung.